Gefangen im Fitnessstudio

Betreiber von Fitnessstudios stehen regelmäßig im Verdacht mit Knebelverträgen zu arbeiten, um ihre Mitglieder möglichst lange in ihren Verträgen zu halten. Stiftung Warentest hat sich mit dieser Thematik befasst und zeigt, welche Klauseln rechtens sind und welche nicht.

Bei dem großen Anteil fixer Kosten für Räumlichkeiten, Nebenkosten, Geräteausstattung oder Personal scheint es aus Sicht des Betreibers eine logische Konsequenz zu sein, sich gegen saisonbedingte Schwankungen in ihren Erlösen absichern zu wollen. Im Schnitt machen Mitgliedsbeiträge bei Fitnessstudios zwischen 80 und 90% des Gesamtumsatzes aus und stellen damit die mit Abstand größte Erlösquelle der Betreiber dar. Mitgliedsbeiträge liegen in Deutschland zwischen 14,99 bis 129,00 Euro pro Monat.

Neue Mitglieder verlieren häufig nach den ersten Wochen oder Monaten die Motivation zu einem regelmäßigen Besuch der Fitnessanlage, sind aber durch ihren Mitgliedsvertrag in der Regel mindestens 12 Monate an den Anbieter gebunden. Diese Tatsache macht langfristige Mitgliedsverträge für Fitnessstudiobetreiber attraktiv, da sie theoretisch mehr Mitglieder annehmen können als es die räumlichen Kapazitäten eigentlich zulassen würden. Zusätzlich lassen sich dadurch auch höhere Umsätze realisieren lassen. Über dieses Mengengerüst ist es auch möglich einen niedrigeren Mitgliedbeitrag zu verlangen oder günstigere Konditionen für Neumitglieder anzubieten, um damit die Zahl der Mitglieder weiter zu steigern.

Diesem Konzept entsprechend haben einige Betreiber ihre Mitgliedsverträge und Geschäftsbedingungen in einer Weise gestaltet, die es den Mitgliedern erschwert ihr Vertragsverhältnis zu beenden. Dabei sind manche Vertragsklauseln rechtens, andere aber auch nicht:

Wesentlicher Wegfall des Leistungsangebots
Ändert ein Fitnessanbieter sein Leistungsangebot (stellt er beispielsweise einen Kurs ein, welcher für einige Mitglieder der einzige Grund war sich in dem Studio anzumelden), so versuchen sich viele Anbieter durch die Klausel "Änderungen vorbehalten" gegen außerordentliche Kündigungsrechte zu schützen. Das Landgericht Heidelberg hat entschieden, dass diese Klausel zu pauschal ist, da sie theoretisch sogar bei der Schließung eines Wellnessbereiches greifen müsste. Daher ist diese Klausel in diesem Fall unwirksam (LG Heidelberg, Az. 5 O 137/98). Besucht ein Mitglied mehrere Kurse und einer davon wird eingestellt, liegt kein außerordentliches Kündigungsrecht vor.

Schwangerschaft
Bezüglich Schwangerschaften gibt es verschiedene Auffassungen was eine sofortige Vertragsbeendigung angeht. Das Oberlandesgericht München entschied, dass im Falle einer Schwangerschaft eine sofortige Aufhebung des Vertrages rechtmäßig ist (OLG München, Az. 29 U 4222/94). Das Amtsgericht Itzehoe dagegen entschied, dass der Vertrag nur für ein Jahr unterbrochen werden darf, ohne in dieser Zeit zahlen zu müssen und sich dieser Vertrag nicht um die Unterbrechungszeit verlängert, sondern zum vorgesehenen Termin endet. (AG Itzehoe, Az. 56 C 1402/99).

Umzug
Sollte das Fitnessstudio umziehen, so dürfen die Mitglieder außerordentlich kündigen (OLG Hamm, Az. 17 U 109/91). Dies ist sogar der Fall, wenn eine Kündigung auf Grund eines Umzugs im Vertrag durch eine Klausel ausgeschlossen ist oder das Fitnessstudio nur im Stadtgebiet umzieht (OLG Frankfurt, Az. 1 U 207/98). Zieht ein Mitglied um, so muss es geringfügig weitere Anfahrtswege in Kauf nehmen (OLG Frankfurt, Az. 6 U 164/93). Bei Anfahrtswegen, welche sich um 20 bis 50 Kilometer verlängert haben, kamen Gerichte zu unterschiedlichen Urteilen. Verlängert sich der Anfahrtsweg um mehr als 50 Kilometer so liegt definitiv ein Kündigungsrecht vor, selbst wenn eine Vertragsklausel dies als nicht zulässig erklärt (LG Düsseldorf, Az. 12 O 190/90).

Inhaberwechsel
Wenn es bei einem Inhaberwechsel keine Qualitätseinbußen gibt und das Leistungsangebot des Fitnessstudios im Wesentlichen bestehen bleibt liegt laut dem Landgericht Stuttgart keine Grundlage für ein vorzeitiges Kündigungsrecht vor (LG Stuttgart, Az. 5 S 199/06).

Automatische Vertragsverlängerung
Klauseln wie: "Der Vertrag verlängert sich um weitere sechs Monate, wenn er nicht gekündigt wird" sind laut dem Bundesgerichtshof wirksam, aber nur maximal für ein Jahr. Sollte die automatische Verlängerung mehr als ein Jahr sein, ist die Klausel unwirksam und der Vertrag endet zum ursprünglich vereinbarten Termin (BGH, Az. XII ZR 193/95).

Fitnessstudio gefällt nicht
Es gibt keine Grundlage ein außerordentliches Kündigungsrecht bei Nichtgefallen des Fitnessstudios einzufordern. Des Weiteren gibt es auch kein 14-tägiges Wiederrufrecht, wie beispielsweise im Internet. Auch bei einem Mitgliedsvertrag handelt es sich um einen echten Vertrag und wer unterschreibt bleibt daran gebunden.

Bei allen Vertragsklauseln, auch wenn Sie nicht rechtswirksam sind, müssen Mitglieder im Falle eines Streites mit dem Betreiber ihr Recht einklagen, wenn der Anbieter keine Kulanz zeigt. Sein Recht vor Gericht einzuklagen ist jedoch gegebenenfalls nicht nur zeit- sondern auch kostenintensiv. Daher sollte schon vor Vertragsabschluss geprüft werden, welche Klauseln sich im Kleingedruckten befinden.

Gerade im Dienstleistungsbereich, welchem Fitnessanbieter zuzuordnen sind, sollte die Bindung des Kunden nicht durch Verträge erzwungen werden, sondern über ein dauerhaft zufriedenstellendes und motiviertes Leistungsangebot erreicht werden. Fitnessmarktexperte Niels Gronau zieht den Vergleich zu anderen Industrien: "Selbst die Mobilfunkindustrie kommt langsam weg von ihren Langfristverträgen und bietet größere Flexibilität. Und für Fitnessanbieter ist es eigentlich vergleichsweise einfacher eine Kundenbindung über die Qualität ihres Produktes, vor allem aber über ihr den regelmäßigen Kontakt zum qualifizierten Personal zu erreichen."

Quelle: Stiftung Warentest (02/2011)

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